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Eigener Defibrillator für Notfall

Feuerwehr unterstützt Notarzt/Wollmerschied als Wohnort sehr begehrt

In Wollmerschied steht kein einziges Haus leer, für Auswärtige ist kaum eine Wohnung zu bekommen. Grund ist die überaus malerische Lage des Lorcher Stadtteils, der vom Hauptort rund zwölf Kilometer entfernt auf der Taunushöhe gelegen ist. Doch Ortsvorsteher Bruno Missler ist skeptisch, wenn er in die Zukunft blickt. Er kennt die Sorgen und Nöte seiner "Schäfchen", die immer dienstags während der Bürostunde des Ortsvorstehers Gelegenheit dazu haben, kleine Probleme los zu werden.

"Der Sprit wird immer teurer", sagt Missler und verweist auf den nahen Rheingau, der sich in den letzten Jahren nicht sonderlich entwickelt habe. Also müssen viele Wollmerschieder ins Rhein-Main-Gebiet fahren. Das Auto ist in dem Höhenort dafür fast ein unerlässliches Verkehrsmittel. Denn die wenigen Busse nach Lorch eignen sich nicht zum Pendeln. Trotzdem will die Jugend gerne da bleiben und nicht des Arbeitsplatzes wegen in die Stadt ziehen. "Die lassen nichts auf ihr Dorf kommen", freut sich Missler und verweist auf das durch die Zwölf- bis 18-jährigen selbst eingerichtete Jugendzentrum im Dorfgemeinschaftshaus.

Auch Fremde kommen gerne in das kleine Dorf mit seinen rund 270 Einwohnern. Unterkunft bietet die Pension "Haus Sabine", vor deren Tür zum Wochenende hin zahlreiche Autokennzeichen aus ganz Deutschland zu finden sind. Ruheliebende und Wanderfreunde genießen den Blick in die Rhein-Main-Ebene und nutzen die günstige Lage der im 13. Jahrhundert erstmals erwähnten Köhlersiedlung zwischen Rheingau und Untertaunus.

Doch nicht nur seine Lage, sondern auch sein ausgesprochen aktives Vereins- und Gemeinschaftsleben zeichnet Wollmerschied aus. Die Jugend ist traditionell zwei bis drei Mal pro Woche beim Jugendfußball im Sportverein aktiv. Die Mädchen unterdessen finden sich in einer Tanzgruppe zusammen. "Insgesamt haben wir im Verein 60 aktive Kinder und Jugendliche", freut sich der Ortsvorsteher. Dazu kommen noch zahlreiche passive Mitglieder. Besonders hervorzuheben ist auch die Freiwillige Feuerwehr mit 25 Aktiven in der Einsatzabteilung. Sie nutzt die Feuerwehrhalle aus den 50er Jahren, die ursprünglich als Garage für den Postbus nach Lorch diente. Als erste Wehr im Kreis verfügen die Blauröcke über einen Defibrillator zur Herzinfarkt-Sofortbehandlung. Mehrere Aktive ließen sich eigens dafür ausbilden. Das Gerät kann Leben retten. Denn für die 30 Kilometer von Rüdesheim her benötigt der Notarzt mindestens eine gute halbe Stunde. "Dann kann es zu spät sein", sagt Missler.

Die Senioren in Wollmerschied mögen es dagegen gemütlicher. Sie treffen sich im Seniorenverein allmonatlich zum Kaffeetrinken. Für die vielen Vierbeiner in Wollmerschied ist dagegen der Reitverein zuständig, der nicht nur Reitstunden erteilt, und jährlich Orientierungsritte und Fuchsjagden abhält. Gerade im Juli diesen Jahres fand in Wollmerschied das sechste große Deutsche "Guardian-Turnier" mit Camargue-Pferden statt.

Ihre Feste feiern die Wollmerschieder wie sie fallen. Allem voran steht die Kerb am St. Antoniusfest im Juni. Sie wird zu Ehren des Patrons der kleinen katholischen Kirche aus dem 19. Jahrhundert gefeiert. Komplett mit Kerbebaumstellen und Tanz am Samstag kümmert sich die Feuerwehr seit einigen Jahren um das Heimatfest, dem sich sonntags der Frühschoppen im Festzelt anschließt.

Etwas ganz Besonderes dagegen ist das "Halefeuer" am Fastnachtsdienstag, das einem alten Brauch entspricht und sonst nur noch in Espenschied und Stephanshausen bekannt ist. Es gründet auf eine Weisheit, wonach anhand der Windrichtung zu erkennen ist, ob die Ernte gut wird. Dazu wird eine Strohpuppe über einem Feuer angebracht, die je nach Windrichtung verbrennt oder nicht.

Sportlich halten es die Bürger dagegen am 1. Mai. Dann bricht man mit rund 60 Teilnehmern alljährlich zur großen Wanderung auf. Für die Jugend fand dabei 2003 auch eine Orientierungsrallye mit kniffligen Fragen statt. Im Jahreslauf sorgt der Sportverein für Abwechslung. Ab Mai steigt an jedem ersten Freitag im Monat ein Fußballturnier Jung gegen Alt. Dazu kommen zahlreiche kulinarische Abende für das ganze Dorf.

Ein besonderes Händchen für die Gemeinschaft hegt auch der Ortsbeirat. Für den zweijährlichen Wettbewerb "Unser Dorf" gründeten die fünf Mitglieder mehrere Kommissionen mit Bürgern, die sich der Pflege des Ortskerns und alter Obstbäume in der Gemarkung verschrieben haben. Gerade kürzlich sanierten die Bürger den alten Schulhof am Dorfgemeinschaftshaus, das aus der alten Schule hervorging. Mit Pflanz- und Pflastersteinen und dem Verputzen der Mauern schuf man ein ansprechenderes Umfeld. Die Stadt hatte nur die vergleichsweise geringen Materialkosten zu tragen.

Wenn die Wollmerschieder zum Einkaufen fahren, nehmen sie den rund zehn Kilometer weiten Weg nach Nastätten in Kauf. Für einheimische Produkte sorgt dagegen Landwirt Edwin Hoffmann. Bei ihm erhalten die Bürger nicht nur gesundes Rind- und Schweinefleisch sowie frische Eier. Auch um die Landschaftspflege rund um den malerischen Höhenort kümmert sich Hoffmann, der seinen Betrieb trotz karger Böden im Vollerwerb betreibt.

 

Quelle: Wiesbadener Tageblatt 25.11.2003

Autor: Christian Stolz