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Halefeuer 2012

Presse: Wiesbadener Kurier vom 23.02.2012

Wollmerschieder treiben mit Halefeuer Winter aus
23.02.2012 - WOLLMERSCHIED

Von Thorsten Stötzer

„Großer Gott, wir loben dich; Herr, wir preisen deine Stärke“ - Ottmar Missler hat Liedzettel vorbereitet für die Besucher des Halefeuers in Wollmerschied. Die Leute singen den Choral, als die ersten Flammen aus dem Holzstoß lodern. An einer 15 Meter hohen Fichte hängt der Kasper, eine Strohfigur, die Arbeitshosen und ein kariertes Hemd trägt.

Kirchenlieder und Schlager

Das Liedgut wechselt. Jetzt dringen Fastnachtsschlager wie „Mer losse de Dom in Kölle“ aus den Lautsprecherboxen, während es dem Kasper allmählich heiß werden muss unter den Schuhsohlen. Sein symbolischer Flammentod soll für eine gute Ernte und Schutz vor Hagel und Sturm in diesem Jahr sorgen. „So werden nach der Überlieferung die Dämonen und der Winter ausgetrieben“, erklärt Missler.

Feuer leuchtet über Höhen

Das Halefeuer in Espenschied leuchtet wie gewohnt ein bisschen früher auf und ist über die Höhen hinweg vom Wollmerschieder Sportplatz aus zu erkennen. „Das Gleiche gibt es auch auf Sylt“, hat Ottmar Missler herausgefunden, der sich für die gastgebende Feuerwehr näher mit dem Brauchtum beschäftigt hat. Die Osterfeuer in ganz Deutschland dürften einen ähnlichen Hintergrund besitzen.

In den Rheingauer Höhenorten waren - stets am Fastnachtsdienstag - die Halefeuer weit verbreitet. Heute machen sich nur noch wenige Dörfer die Arbeit. Zwei Samstage lang hat die Feuerwehr in Wollmerschied, die sich mit der Theken-Mannschaft als Ausrichter abwechselt, Brennmaterial herbeigefahren. „Es gab in diesem Jahr wenig Stroh“, berichtet Reinhard Schuld.

Ausrangierte Weihnachtsbäume zünden ebenfalls hervorragend. Aus dem aufsteigenden Rauch haben die Altvorderen angeblich abgelesen, wie die Ernte gerät. 2012 zieht der Qualm immerhin nicht über die Menschenmenge hinweg, die ein komplettes Dorfgemeinschaftshaus füllen könnte, auch das mag ein gutes Zeichen sein. Funken sprühen durch den Nachthimmel, abseits geht der Ascheregen nieder.

Früher hat die Dorfjugend Stroh bei den Bauern für das Halefeuer gesammelt. Missler hat das ebenso wie Schuld noch mitgemacht und erinnert sich, dass die Jungen dann am Spenglerfeuer, das bereits mittags am Rande des Festplatzes brennt, ihre erste Zigarre oder Zigarette geraucht haben.

Die „Halebuben“ waren genauso in anderen Orten unterwegs. Walter Hell schreibt in seinem im vergangenen November erschienenen Buch über die Rheingauer Fassenacht, dass der Brauch in Presberg in der Schulchronik erwähnt wird. Zumindest zeitweise muss Ärger mit den Pfarrern geherrscht haben, die heidnischen Unfug witterten.

Der Wollmerschieder Kasper hält übrigens fast 25 Minuten am Fichtenstamm durch. Dann züngeln Flammen zu ihm herauf und setzen Hose und Hemd in Brand. Den Zuschauern in den vorderen Reihen ist zwischenzeitlich warm geworden bei dem flammenden Schauspiel an einem klaren kalten Abend.