banner
Home > Feuerwehr > Archiv > Halefeuer 2010

Halefeuer 2010

Presse: Wiesbadener Kurier vom 18.02.2010

Das Böse geht in Flammen auf

Von Thorsten Stötzer

HALEFEUER Altes Brauchtum in Wollmerschied soll für eine gute Ernte sorgen




Mächtig lodern die Flammen beim Halefeuer in Wollmerschied. Am Stamm einer Fichte hängt der "Kasper". Thorsten Stötzer

Der Mond steht als schmale Sichel am Himmel. Die Kälte zieht an nach dem ersten sonnigen Nachmittag seit Monaten. Dennoch wird es dem "Kasper" gleich so furchtbar heiß, dass er verglüht. Mit ihm verbrennt das Böse der Welt, damit die Bauern im neuen Jahr von Hagel und Sturm verschont bleiben. So lautet der metaphysische Hintergrund zum Halefeuer, das am Fastnachtsdienstag in Wollmerschied lodert.

Kasper ist die Hauptfigur

Der "Kasper" ist dabei die Hauptfigur. Die Strohpuppe trägt eine blaue Hose und alte Turnschuhe und hängt am Stamm einer rund 15 Meter hohen Fichte, die im Mittelpunkt steht eines mächtigen Kegels aus alten Weihnachtsbäumen und Abfallholz. Das arme Kerlchen in der Höhe muss laut altem Brauch als Sinnbild des Bösen herhalten. Kleine Buben dürfen den Scheiterhaufen mit Fackeln anzünden.

"Am Rauch soll man ablesen können, ob es eine gute Ernte gibt oder eine schlechte", erklärt Ottmar Missler. Er traue sich solche Prognosen allerdings nicht mehr zu, räumt der alteingesessene Wollmerschieder ein. Als dicker Qualm aufsteigt und Funken über die Köpfe sprühen, singt die versammelte Menschenmenge "Großer Gott wir loben dich" - trotz des heidnischen Ursprungs des Halefeuers.

Der Brauch hat eine lange und nicht mehr zu überschauende Tradition. Früher zog die Dorfjugend von Hof zu Hof und bat um Feuermaterial. "Wohnt en reiche Herr im Haus, rückt en Peischt Stroh eraus für das Halefeuer": So zitiert Missler den in seiner Kindheit üblichen Spruch. "Wer nichts gab, musste sich als Blödmann oder Strohmann beschimpfen lassen", erzählt er weiter.Heute lebt nur noch ein Vollerwerbslandwirt in Wollmerschied und der liefert das nötige Stroh sogar direkt zum Festplatz unterhalb des Sportplatzes: Edwin Hofmann fungiert zudem als örtlicher Wehrführer und planiert den Schnee im Umfeld der Feuerstelle, damit die Besucher nicht bis an die Knie versinken. Reiter, Hobby-Fußballer und Feuerwehr - die ist 2010 zuständig - wechseln sich als Veranstalter ab.

Zum Brauchtum zählt außerdem, dass sich die Leute das Gesicht mit Ruß schwärzen. Einige Gäste tragen in den letzten Stunden vor Aschermittwoch ihre in den Tagen zuvor lieb gewonnen Panzerknacker-Kostüme und die Musik à la "Anton aus Tirol" würde ebenfalls zu einer Karnevalsparty passen. Mit der Fastnacht hat das Halefeuer aber nichts zu tun, wenngleich sich ein kleines Volksfest abspielt. Mit "maximal einem Kasten Bier" zu Füßen der Einheimischen fing es mal an. Heute locken Glühwein und Grillwurst auch viele Fremde.

Der "Kasper" hat mittlerweile ein brennendes Hosenbein. Mit ihm geht ein Werk der Feuerwehr in Flammen auf. Drei Samstage lang haben sie die Stätte hergerichtet. Ein Gerüst bildet den Kern des brennenden Haufens, "das ist massiv gezimmert", sagt Reinhard Schuld.